Zusammenfassungen
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Das Frühwerk von Karl Marx und Friedrich Engels
Nachdem die individuellen Beiträge der verschiedenen Ideengeber (Hegel, Feuerbach, Bauer, Heß, Marx und Engels) für die Entstehung des Marxismus untersucht wurden, werden nun die einzelnen Werke von Marx[1]Zu dem Werk von Karl Marx schreibt Michael Heinrich: „Das marxsche Werk ist nicht nur ein Torso, es ist eine Abfolge von Torsos. Es besteht aus einer fortlaufenden Reihe von Versuchen, die … Continue reading und Engels genauer betrachtet, um die Entwicklung ihres Denkens und ihrer gegenseitigen Beeinflussung im Detail nachvollziehen zu können. Es handelt sich dabei um einen Zeitraum von fünf Jahren, in dem das Denken von Karl Marx zwar grundsätzlich spekulativ blieb, in dem er sich aber von einem spekulativen Junghegelianer zu einem spekulativen Ökonom wandelte. Diesen Sinneswandel hatte Friedrich Engels bewirkt, der von Anfang an als materialistischer Ökonom die Welt betrachtete. Marx hatte sich zuvor von einem Radikaldemokraten zu einem Kommunisten gemausert, wofür Moses Heß verantwortlich war. Der Bogen der Veröffentlichungen, die hier untersucht werden, reicht von der Dissertation von Karl Marx, die er 1841 eingereicht hat, bis zur „Lage der arbeitenden Klasse“ von Engels, die 1845 veröffentlicht wurde und den beiden Gemeinschaftswerken der beiden Freunde, die sie 1844 geworden waren, aus den Jahren 1844 bis 1846: „Die heilige Familie“ und die „Deutsche Ideologie“. Damit war ihr geistiger Findungsprozess im Großen und Ganzen abgeschlossen und die Grundlagen des späteren „Marxismus“[2]Ausführliche Betrachtungen hierzu stellt Wolfgang Fritz Haug unter dem Stichwort „Marxismus“ im HKWM, Bd. 8/II, Sp. 1844-1877 an. im wesentlichen gelegt.
1841: Die Dissertation von Karl Marx
Das erste erhaltene philosophische Werk von Marx ist seine Dissertation aus dem Jahre 1841. Hierin beschäftigt er sich mit den Unterschieden der Naturvorstellungen von Demokrit und Epikur. Und obwohl es sich bei diesen um die bedeutendsten materialistischen Denker der Antike handelt, spielt ihr Materialismus für Marx in seiner Arbeit überhaupt keine Rolle.
Marx wollte stattdessen das Jahrtausende alte Rätsel lösen, warum die beiden Philosophen trotz identischer Weltsicht, dass außer Atomen und der Leere nichts existiere, ihre Ansichten über die Atome und deren Verhalten sich geradezu diametral widersprechen würden.
Marx charakterisierte die Widersprüche mit folgenden Worten:
„Der Skeptiker und Empiriker [Demokrit RS], der die sinnliche Natur für subjektiven Schein hält, betrachtet sie unter dem Gesichtspunkte der Notwendigkeit und sucht die reale Existenz der Dinge zu erklären und zu fassen. Der Philosoph und Dogmatiker [Epikur RS] dagegen, der die Erscheinung für real hält, sieht überall nur Zufall; und seine Erklärungsweise geht vielmehr dahin, alle objektive Realität der Natur aufzuheben.“
Die Ursachen sah Marx in den unterschiedlichen Ansichten über die Atome und deren Verhalten. Während Demokrit diesen nur geradlinige Bewegungen und Zusammenstöße zubilligt, gibt es für Epikur noch eine dritte Bewegung, die davon zufällig abweicht, so dass es Raum gibt für die menschliche Freiheit und nicht alles determiniert ist, wie bei Demokrit.
Für Demokrit haben die Atome nur hypothetischen Charakter, während sie für Epikur real sind, weshalb er ihnen auch reale Eigenschaften beimisst – wie z.B. verschiedene Größen, Formen und die Schwere.
Die Zeit ergibt sich aus der Sinneswahrnehmung. Die Atome versenden Abbilder, die der Mensch wahrnimmt, wodurch die Atome vergehen.
Epikur postulierte – nach Marx –, dass die Himmelskörper nicht ewig sein könnten, weil sonst das höchste Ziel der Philosophie – die menschliche Ataraxie (die Seelenruhe) – gefährdet sei. Für Epikur waren die Himmelskörper somit die allgemeine Form des Selbstbewusstsein, weil hierin die Atome vereint seien, die „die Materie in der Form der Selbständigkeit, der Einzelheit“ darstellten.
„Bei Epikur ist daher die Atomistik […] die Naturwissenschaft des Selbstbewußtseins […] bis zur höchsten Konsequenz, welches ihre Auflösung und bewußter Gegensatz gegen das Allgemeine ist […]. Dem Demokrit […] bleibt [das Atom dagegen …] reine und abstrakte Kategorie, eine Hypothese“.
Aus dem „göttlichen“ „Logos“ Hegels, das sich im menschlichen Selbstbewusstsein offenbart, hatte Marx mit Hilfe des „selbstbewussten“ Atom des Epikur das autonome „göttliche“ „menschliche Selbstbewusstsein“ abgeleitet und damit Hegel bereits zum ersten Mal vom Kopf auf die Füße gestellt.
Die „Deutsch-Französischen Jahrbücher“
Nach dem erzwungenen Ende seiner Tätigkeit als Chefredakteur der „Rheinischen Zeitung“ im März 1843 und der Hochzeit mit seiner langjährigen Braut Jenny von Westphalen im Juni zog das Ehepaar nach Paris, wo Marx mit Arnold Ruge die „Deutsch-Französischen Jahrbücher“ herausgeben wollte.
Die Ziele der Zeitschrift umriss Marx in einem Brief an seinen Mitherausgeber: „Wir können also die Tendenz unsers Blattes in ein Wort fassen: Selbstverständigung der Zeit über ihre Kämpfe und Wünsche. Es handelt sich um eine Beichte, um weiter nichts. Um sich ihre Sünden vergeben zu lassen, braucht die Menschheit sie nur für das zu erklären, was sie sind.
Es wird sich dann zeigen, daß die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewußtsein besitzen muß, um sie wirklich zu besitzen.“
Es gelang nicht, Franzosen als Autoren zu gewinnen, so dass in der einzigen Ausgabe, die 1844 erschien, nur Beiträge von deutschen Autoren vertreten waren. Neben Heinrich Heine und Georg Herwegh und Briefen verschiedener Schreiber, steuerten die drei Kommunisten Moses Heß, Friedrich Engels und Karl Marx Artikel bei.
Besonders die Beiträge von Karl Marx unter dem Titel „Über die Judenfrage“[3]MEW 1, S. 347-377, den er Ende 1843 schrieb, und „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung“[4]MEW 1, S. 378-391, den er zur Jahreswende 1843/44 schrieb, sind für die Entwicklung seines Denkens entscheidend. Es sind die ersten Veröffentlichungen, die Marx als Kommunist verfasst hat. Man kann an der völlig spekulativen Herangehensweise und an der zentralen Bedeutung des Entfremdungsbegriffes die enge Geistesverwandtschaft mit Moses Heß erkennen. Auch Engels hatte von Manchester aus zwei Beiträge geschickt. Besonders seine „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie“[5]MEW, Bd. 1, S. 499-524. waren für Marx sehr bedeutsam, weil Marx dadurch die grundlegende Bedeutung der Ökonomie für die Entwicklung und Erklärung der Gesellschaft klar wurde.
1843: Karl Marx: „Zur Judenfrage“
1844: Karl Marx: „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, Einleitung“
1843/44: Friedrich Engels: „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie“
Anmerkungen
↑1 | Zu dem Werk von Karl Marx schreibt Michael Heinrich: „Das marxsche Werk ist nicht nur ein Torso, es ist eine Abfolge von Torsos. Es besteht aus einer fortlaufenden Reihe von Versuchen, die abgebrochen werden, von Neuanfängen, die nicht oder in anderer Weise fortgesetzt werden. Diese verschiedenen Ansätze beinhalten nicht nur thematische Verschiebungen, sondern immer wieder auch theoretische Neukonzipierungen, die Brüche mit den vorherigen Konzeptionen darstellen.“ (Heinrich 2018, S. 30). |
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↑2 | Ausführliche Betrachtungen hierzu stellt Wolfgang Fritz Haug unter dem Stichwort „Marxismus“ im HKWM, Bd. 8/II, Sp. 1844-1877 an. |
↑3 | MEW 1, S. 347-377 |
↑4 | MEW 1, S. 378-391 |
↑5 | MEW, Bd. 1, S. 499-524. |